Die antike Göttin Justitia wird traditionell mit einer Augenbinde abgebildet. Hiermit sollte nicht ihre Unparteilichkeit dargestellt, sondern vielmehr
die Unfähigkeit dieser Institution persifliert werden. Heute wird dieser Vorwurf mehr denn je erhoben, auch von Teilen der Richterschaft und von namhaften
Wissenschaftlern. Richterliche Unfähigkeit zur Rechtsschutzgewährung zeigt sich besonders im Strafvollzug. Obwohl hier ein brauchbares Verfahrensinstrumentarium
zur Verfügung steht, haben insbesondere die Oberlandesgerichte eine Anstaltsallmacht installiert, die Strafvollstreckungskammern zur Ohnmacht verurteilt und die
Gefangenen zu wehrlosen Objekten staatlichen Zugriffs gemacht hat. Den Verdacht, dass es dabei um die Disziplinierung von Unterschichtlern und um die Aufrechterhaltung
konservativer Wertvorstellungen geht, belegt Dr. Kamann durch Entscheidungsanalysen.
Sie hören einen Vortrag von Dr. Ulrich Kamann, gehalten in Bielefeld beim Kreis 74 e.V. am 4. Dezember 1996. Der Vortrag hat bis heute nichts an seiner Aktualität
verloren. Seit 1973 war Ulrich Kamann Richter, dabei von 1982 bis 2009 Richter beim Amtsgericht Werl. Sprecher der „Neuen Richtervereinigung“ NRW. Mitbegründer
„Arbeitskreis Kritischer Strafvollzug“, Vorsitz beim „Institut für Konfliktforschung“ Köln sowie Beiratsmitglied des Vereins „Gewaltintervention und Prävention“
in Werl. Ulrich Kamann verstarb 2011.
Hören Sie Ulrich Kamanns Vortrag hier.